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„Es ist wichtig, das Schweigen um FGM zu brechen“ – Q&A mit TARGET-Projektleiterin Susana Perreira da Silva

Die Leiterin unserer Projekte in Guinea-Bissau
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Die Leiterin unserer Projekte in Guinea-Bissau

 

Susana Perreira da Silva leitet TRAGETs Projekte für ein Ende der Weiblichen Genitalverstümmelung in Guinea-Bissau. In diesem Q&A-Interview spricht sie über die aktuelle Lage der Projekte, die Herausforderungen ihrer Arbeit und die dringende Notwendigkeit, das Schweigen über FGM (engl.: Female Genital Mutilation = FGM) zu durchbrechen.


Wie ist die öffentliche Meinung zu Weiblicher Genitalverstümmelung in Guinea-Bissau?


Obwohl ein Gesetz FGM seit 2011 unter Strafe stellt, befürworten immer noch besorgniserregende 49 % der Befragten die Weibliche Genitalverstümmelung. Der Anteil von männlichen und weiblichen Befürwortern ist nahe zu gleich. Das geht aus einer Datenerhebung von TARGET im Sommer 2022 hervor.


Wie erreicht ihr in Guinea-Bissau Menschen, um diese über FGM aufzuklären? 


Weibliche Genitalverstümmelung ist immer noch ein Tabu-Thema, das vor allem im traditionellen Kontext auftritt. Wir von TARGET nutzen zwei Wege, um die Menschen zu erreichen. Zum einen die Sensibilisierung durch Multiplikatoren vor Ort und zum anderen durch die Medien. In Guinea-Bissau ist das vor allem das Radio.


Welche Rolle haben die Multiplikatoren?


Multiplikatoren sind Menschen aus den Gemeinden, welche von TARGET-Teams geschult und begleitet werden. In den letzten eineinhalb Jahren wurden von 190 Multiplikatoren 283 Sensibilisierungsmaßnahmen durchgeführt. Damit konnten wir 8.996 Menschen erreichen.

 

Wie schafft ihr es, die Meinung der Bevölkerung im Bezug auf FGM zu verändern? 


Der Mensch sträubt sich von Natur aus gegen Veränderungen. Unsere Arbeit besteht darin, beharrlich und regelmäßig das Bewusstsein in den Gemeinschaften für die Abschaffung von FGM zu schärfen. Oft sind Multiplikatoren von TARGET ehemalige Befürworter von Weiblicher Genitalverstümmelung. Durch Sensibilisierung, Schulung und Unterstützung konnten wir ihre Meinung ändern. Nun arbeiten sie mit uns zusammen, um diesen Brauch gemeinsam zu beenden und können besonders gut überzeugen, denn sie wurden ja selbst umgestimmt, haben also den Veränderungsprozess selbst durchlaufen.


Was ist deine Rolle bei TARGET?


Meine Arbeit bei TARGET ist sehr erfüllend, abwechslungsreich und gleichzeitig eine ständige Herausforderung. Gemeinsam mit einem extrem motivierten Team lege ich Zweijahresziele für Projekte fest. Wir planen und definieren Aktivitäten und deren Umsetzung. Die durchgeführten Maßnahmen werden regelmäßig von uns bewertet, somit können wir uns kontinuierlich verbessern, um unsere Ziele zu erreichen.

 

Welche Veränderungen gab es in Guinea-Bissau in Bezug auf FGM?


Durch den regelmäßigen Kontakt mit den Gemeinden können wir spürbare Veränderungen wahrnehmen. Vor acht Jahren war es noch sehr schwierig, das Thema anzusprechen. Oft wurden unsere Teams aggressiv behandelt und daran gehindert, mit der Zielgruppe, den Frauen und Mädchen, sprechen zu können. Der größte Wandel hat stattgefunden als wir Krankenschwestern in die Teams integriert haben. Sie bekamen die Möglichkeit, mit den Frauen und Mädchen zu sprechen. Gespräche mit den Betroffenen sind essenziell, um für das Thema zu sensibilisieren und FGM zu beenden. Früher gab es nach der Verstümmelung noch Festlichkeiten, nun ist das Tabu-Thema fast gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Seit 2011 ist Weibliche Genitalverstümmelung strafbar und wird im Stillen und heimlich praktiziert. Wir sprechen das Thema in den Gemeinden an und treten so für die Frauen und Mädchen in Guinea-Bissau ein.


Es ist wichtig, das Schweigen um weibliche Genitalverstümmelung zu brechen.


Die Gemeinschaften müssen lernen, dass Weibliche Genitalverstümmelung nichts mit dem Islam zu tun hat, sogar gegen die Regeln des Korans verstößt. Denn dieser Brauch hat irreversible Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mädchen und Frauen.
Wenn wir das Schweigen brechen, können wir Mentalitäten und Verhaltensweisen ändern.

 

Weiterführendes


Unsere Projekte in Guinea-Bisseau


Infos zu Weiblicher Genitalverstümmelung